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So eine Tour, die kein Rennen ist, hat ja immer mehrere Facetten. Welche Seite der Tour war dir wichtiger: Die sportliche, die inspirierende oder beides?

 

Markus: Definitiv beides. Ich habe das große Glück, dass ich immer wieder Projekte umsetzen darf, bei denen meine Leidenschaft, das Radfahren, sowie meine Arbeit als Journalist und Filmemacher zusammenfließen. Am liebsten habe ich es, wenn die sportlichen Geschichten einen doppelten Boden haben und neben der reinen Leistung noch etwas Emotionales, Inspirierendes, Gesellschaftliches, Kulturelles oder Ökologisches verhandeln. Dann schaffen die Geschichten auch einen echten Mehrwert.

 

Diesmal stand Europa im Mittelpunkt. Wenn die Tour einmal quer durch 14 westeuropäische Länder führt, dann lohnt es sich unterwegs die vielen Menschen zu fragen, die man an der Strecke trifft: What’s about Europe? Es ging darum, genauer hinzuschauen, was diesen Kontinent verbindet.

Du hast schon einige Bikepacking-Filme gedreht, u.a. mit dem Extrem-(Rad-)Sportler Jonas Deichmann. Haben die Filme bei der Planung deiner Tour eine Rolle gespielt?

 

Markus: Auch ich bin die Summe meiner Erfahrungen und vor allem Sportfilme haben mich weitergebracht. Ich bin an jeden Film gewachsen und die Erfahrungen haben so auch auf mein European Connection Trail Projekt eingezahlt.

 

Da ich früher selbst Radprofi war und ursprünglich aus dem Bergsteigen komme, mag ich natürlich sportliche Outdoorprojekte besonders, bei denen ich selbst aktiv sein kann. Demzufolge war Jonas Deichmanns Projekt „Triathlon um die Welt“ und der entsprechende Film „Das Limit bin nur ich“ ein sehr passendes und erfolgreiches Abenteuer.

 

Eine besondere Rolle bei der Planung hat dabei meine Marke TransOst gespielt, mit welcher ich viel Jahre lang geführte Mountainbiketouren und Rennen quer durch Osteuropa bis ans Schwarze Meer durchgeführt habe. Das beinhaltete auch eines der ersten Unsupported Gravel Rennen, festgehalten im Kinofilm „Heading East – Abenteuer TransOst“.

 

Nach Corona und dem Ukrainekrieg musste ich die Firma jedoch schließen. Ich bin, um wieder einen  klaren Kopf zu bekommen, die Mutter aller Bikepacking-Rennen, die Tour Divide, entlang der großen Wasserscheide der Rocky Mountains gefahren. Es ging von Kanada aus durch die USA bis Mexiko. Das war ein Aha-Erlebnis mit tollen Begegnungen und auch einem Film „Tour Divide – „Pilgrimage or extreme adventure" und dem Buch „Great Divide“, welches ich mit Ex-Bike BILD Chefredakteur Mathias Müller geschrieben hatte.

 

Letztes Jahr durfte ich eine Fahrradgeschichte für Servus TV/RedBull in den USA drehen und im Jahr zuvor mit Jonas Deichmann den Film und das Buch „Crossing Amerika“ produzieren. Es wurde also höchste Zeit, endlich etwas Eigenes zu starten und den Westen unseres Kontinents zu erkunden. Dort war  ich bisher noch nicht viel unterwegs gewesen. Seit drei Jahren lerne ich zudem Französisch – das wollte auch mal angewandt werden!

Kannst Du uns ein oder mehrere Highlights deiner Tour nennen? Welche Radregion kannst Du empfehlen?


Markus: Zum einen war da die weite Natur Skandinaviens, die vielen Seen Schwedens. Ich war zuvor noch nie nördlich des Polarkreises. Dass es noch so viel Wildnis in Europa gibt, war mir nicht bewusst und überall konnte man sein Zelt an einem traumhaften See aufschlagen und Feuer machen. Das ist als Bikepacker der Wahnsinn.


Zum anderen war da Dänemark mit seinem Shelter System. Das sind letztendlich tausende Holzunterstände zum Schlafen, oft mit Feuerholz ausgestattet und einer Wasserpumpe – und das Beste: Sie sind meistens kostenlos und im ganzen Land verbreitet. Das habe ich so noch nie erlebt. Über die App „Shelter“ kann man schon im voraus genau schauen, wie der Schlafplatz ausgestattet ist oder ob er etwas kostet.

 

Ein weiteres Highlight war für mich das östliche Spanien, weil es landschaftlich so komplett anders war, als die 5.500 km zuvor. Die Route führte durch ursprüngliche Regionen, welche die wenigsten auf der Karte haben.

Welches Set-Up hast Du für dein Gravelbike gewählt? Du hast dich für eine elektronische Schaltung entschieden, eine SHIMANO GRX Di2 2x12 – welche Überlegungen standen an der Stelle dahinter und wie bist Du mit deiner Entscheidung zufrieden?

 

Markus: Ich bin das Atlas Carbon Gravelbike von Focus Bikes gefahren und zum ersten Mal mit einer elektronischen Schaltung. Ich hatte ja die freie Wahl zwischen der mechanischen und elektronischen Variante, ich wollte die Di2 aber definitiv einmal ausprobieren.

 

Die Performance war super und ich war sehr zufrieden. Allerdings hatte ich ab und an Ladestress gehabt, da ich nach drei Nächten in der Natur, d.h. nach etwa 600 - 700 Kilometern, spätestens irgendwo laden musste. Aufgrund des integrierten Akkus benötigte ich einen Standort mit Steckdose oder habe die Schaltung mit einer Powerbank aufgeladen.

 

Für mich haben die Vorteile aber überwogen, da der Komfort beim Schalten einen echten Unterschied macht. Gerade beim Bikepacking mit vollgepackten Fronttaschen, hatte ich mit der mechanischen Schaltung in der Vergangenheit oft Platzprobleme, da entweder die Tasche im Weg war, oder die Kabel gequetscht wurden - das fiel mit der elektronischen nun alles weg. Auch die Schaltgenauigkeit ist präziser. Ich musste die Schaltung unterwegs nie einstellen und hatte auch sonst keinerlei Probleme.

 

Wie sehen die Schuhe nach 50 Tagen pausenlosem Bikepacking aus?

 

Markus: Der Shimano RX801R Gravelschuh ist noch top in Ordnung und wird mir noch länger gute Dienste erweisen. Bei so einer Tour mit durchschnittlich ca. 150 km am Tag, hat man den Schuh gefühlt 17 Stunden am Tag am Fuß. Nur hätte ich den Schuh besser vorher einfahren müssen, dass er sich schon mal ein wenig einpasst – das kann ich allen empfehlen vor so einer großen Tour.

Wie sah es mit Defekten aus? Konntest Du alles am Rad selbst reparieren oder warst Du auf Hilfe angewiesen?

 

Markus: Nach ein paar Wochen habe ich immer wieder erzählt, dass ich vom Glück verfolgt werde. Mir ist eigentlich nicht wirklich etwas passiert. Nur meine Vorderradnabe musste ich tauschen, weil die Lager abgenutzt waren. Jedoch bin ich mit dem Dynamo zuvor schon die Tour Divide durch die USA geradelt und so war diese schon ganz schön mitgenommen. Das konnte ich in Hamburg problemlos bei einem Radladen umspeichen lassen. Hier hatte ich Glück, dass ich zum Zeitpunkt des Defekts nicht in der Wildnis war. Das habe ich gleich genutzt, um einmal die Kette meiner 12-fach-Schaltung und die Bremsklötze wechseln zu lassen. Das war ziemlich genau nach 3.000 Kilometern.

 

Sonst hatte ich nur einen Platten, den ich selbst verschuldet hatte – Handy am Steuer und direkt auf eine Spitze gerollt.

 

Zudem bin ich zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder mit SPD-Pedalen gefahren. Auch das funktionierte komplett problemfrei. Einmal habe ich unterwegs die Cleats nachjustiert, da ich die Schuhe zuvor nicht gefahren hatte.

 

Mit der GRX Schaltung, den Schuhen und Pedalen sowie dem LAZER Helm bin ich letztendlich die über 7.000 Kilometer defektfrei unterwegs gewesen.

Du wirst jetzt wohl ab jetzt viel Zeit im Büro mit Schreiben und Schneiden verbringen. Wir sind schon auf deine Veröffentlichungen gespannt. Doch hast Du schon ein neues Fahrrad-Projekt im Kopf?

 

Markus: Es ist naheliegend, dass ich mit meiner in 49 Tagen gewonnen Form jetzt ja was anstellen kann!

 

Ich bin direkt letzte Woche die neue RockHead Gravelstrecke über 327 km und 5.500 Höhenmeter in der Sächsischen Schweiz und Oberlausitz gefahren. Das stand schon länger auf meiner Bucketlist – da ich die Strecke 2022 entwickeln durfte.

 

Aktuell überlege ich, ob ich das 400 km lange „Desert Dash“ am 05.12.25 in Namibia angehe – wann, wenn nicht jetzt? Aber da muss ich erst ein paar Artikel oder einen TV-Beitrag verkauft bekommen, um das Projekt zu finanzieren.

 

Die nächste große Geschichte, die ich per Foto, Video, Text begleiten kann, wird zu mir kommen, da bin ich sicher. Vorschläge sind immer gern gehört und wie umfangreich wir die Story dann produzieren wird die Zukunft zeigen.

 

Ansonsten arbeite ich an meinem ersten Spielfilm, der auf einer wahren Geschichte beruht: Die Geschichte eines DDR-Internatsschülers, der für seinen Traum vom Rad-Olympiasieg alles gibt, bis seine heile Sportwelt plötzlich zusammenbricht. Verstoßen, dopingkrank und orientierungslos beginnt eine Rebellion als Punk gegen die Familie und den sozialistischen Staat.

 

Ich verrate schon mal so viel: Der Held siegt und wird eine Leitfigur der Mountainbike-Szene im wiedervereinten Deutschland.