Der Radsport schwankt immer zwischen sehr klaren Regeln, zu denen ein ausgefeiltes Reglement und auch viele ungeschriebene Gesetze gehören, und dem Spontanen, der Improvisation.
Im Straßenrennen am Sonntag gab es schon früh im Rennen eine solche Situation, in der sehr spontan und kurzfristig reagiert werden musste. Kurz nach dem neutralen Start, hatte sich auf dem Rundkurs eine zehnköpfige Ausreißer-Gruppe gebildet. Auch Team Lotto Kern-Haus war mit seinem Fahrer Luca Dreßler vertreten. Doch in Aasen bog das vorausfahrende Kamera-Motorrad falsch ab und die Fahrer der Gruppe folgten diesem, während das kurz darauf heraneilende Hauptfeld den richtigen Weg nahm.
Eine kuriose Situation, denn für die Fahrer der Spitzengruppe hätte das eine Abkürzung von fast 20 Kilometern bedeutet. Erstmal herrschte Unklarheit, wie es weitergehen sollte. Teamchef Flo Monreal fuhr vor zum Auto der Jury und wollte geklärt haben, wie man mit dieser Situation umgehen wollte. Nach kurzer Beratung gab es einen Kompromiss: Die falsch abgebogenen Fahrer würden im Rennen bleiben und sollten wieder ans Hauptfeld herangeführt werden. Ihren herausgefahrenen Vorsprung würden sie aber einbüßen. Eine schwierige Situation für die Jury, aber auch für die Teams und die Fahrer. Die Jury entschied sich für diese Option, weil die Alternative, ein kompletter Neustart des Rennens, weitaus aufwendiger gewesen wäre.
Nachdem die Fahrer an der Verpflegungsstation wieder zusammengeführt wurden, konnte es in geregelten Bahnen weitergehen. Doch so hatte das Rennen schon früh seinen ersten Aufreger. Das Reglement wurde hier etwas ausgedehnt. Auch bei großen Veranstaltungen wie einer Deutschen Meisterschaft muss bisweilen improvisiert werden.
Das Spannende an so einer Fahrt im Teamfahrzeug ist: Lange Zeit passiert oft nichts, was für den Mechaniker relevant ist. Es werden ein paar Flaschen gereicht, ein bisschen Verpflegung übergeben. Doch wenn etwas passiert, dann muss es fix gehen. Im Fond des Fahrzeugs von Flo Monreal saß der Fahrradmechaniker Niklas "Strunki" Strunk, der eine Liste von Fahrern hatte, die heute betreut werden sollten.
Denn das zweite Fahrzeug vom Team Lotto Kern-Haus unterstützte die Fahrer, die ohne komplettes Team bei der deutschen Meisterschaft teilnahmen. Dazu gehören vor allem Fahrer, die in nicht-deutschen Teams fahren und eben dort als deutscher Fahrer alleine sind, beispielsweise Max Walscheid (Team Cofidis) und Rick Zabel (Team Israel-Premier Tech).
Der Fahrradmechaniker hinten im Teamfahrzeug hatte aber einen eher ruhigen Tag. Von der Liste der Fahrer hatte zum Glück niemand einen Defekt oder einen Platten.